Selbstinduktion | Ein- und Ausschalten von RL-Kreisen

Im dargestellten \(RL\)-Kreis kann man mit einem Umschalter die Spannung \(U_0\) abtrennen. Nach dem Ausschalten kann der von der (idealen) Spule induzierte Strom über den Überbrückungswiderstand \(R_Ü\) fließen.

RL-Kreis Ein | © C. Wolfseher RL-Kreis Aus | © C. Wolfseher

Das folgende Diagramm zeigt den zeitlichen Verlauf des Stroms \(I\) und der Induktionsspannung \(U_i\) an der Spule beim Ein- und Ausschalten des \(RL\)-Kreises.

Kausalkette des Einschaltvorgangs:

Einschaltvorgang mathematisch analysiert

Für den zeitlichen Verlauf der Stromstärke \(I(t)\) im (unverzweigten) Stromkreis gilt beim Einschaltvorgang $$I(t)=\frac{U_0+U_i(t)}{R}=\frac{U_0-L\cdot \dot{I}(t)}{R}$$ und damit die Differentialgleichung $$U_0-L\cdot \dot{I}=R\cdot I$$ mit der Lösung

$$I(t) =\frac{{ {{U_0}} }}{R} \cdot \left( {1 - {e^{ - \frac{R}{L} \cdot t}}} \right)$$

Der Strom startet also bei $$I(0)=\frac{{ {{U_0}} }}{R} \cdot \left( {1 - {e^{ - \frac{R}{L} \cdot 0}}} \right)=0$$ und nähert sich asymptotisch dem (ohne Selbstinduktion zu erwartenden) stationären Endstrom: $$\lim\limits_{t\to\infty}\left[\frac{{ {{U_0}} }}{R} \cdot \left( {1 - {e^{ - \frac{R}{L} \cdot t}}} \right)\right]=\frac{{ {{U_0}} }}{R}$$

Mit Kenntnis von \(I(t)\) erhält man aus \(U_i=-L\cdot \dot{I}\) den zeitlichen Verlauf der an der Spule induzierten Spannung:

$${U_i}(t) = -{{U_0}} \cdot {e^{ - \frac{R}{L} \cdot t}}$$

Im ersten Moment kompensiert die Induktionsspannung \(U_i\) die angelegte Spannung \(U_0\) $$U_i(0)=-U_0 \cdot e^{ - \frac{R}{L} \cdot 0}=-U_0$$ und versiegt dann allmählich: $$\lim\limits_{t\to\infty}\left( -{{U_0}} \cdot {e^{ - \frac{R}{L} \cdot t}}\right)=0$$

Kausalkette des Ausschaltvorgangs:

Ausschaltvorgang mathematisch analysiert

Nach dem Umlegen des Schalters auf die Stellung Aus fungiert im (unverzweigten) Kreis mit dem Gesamtwiderstand \(R+R_Ü\) allein die Spule mit der Induktionsspannung \(U_i\) als Stromquelle. Folglich gilt für den zeitlichen Verlauf der Stromstärke \(I(t)\) beim Ausschaltvorgang $$I(t)=\frac{U_i(t)}{R+R_Ü}=\frac{-L\cdot \dot{I}(t)}{R+R_Ü}$$ und damit die Differentialgleichung $$(R+R_Ü)\cdot I+L \cdot \dot{I}=0$$ mit der Lösung

$$I(t) = I_0 \cdot e^{ - \frac{R+R_Ü}{L} \cdot t}$$

Der Strom fällt also exponentiell von $$I(0)=I_0 \cdot e^{ - \frac{R+R_Ü}{L} \cdot 0} =I_0$$ (wobei \(I_0=\frac{U_0}{R}\), falls die Spule vorher lange genug eingeschaltet war) auf $$\lim\limits_{t\to\infty}\left(I_0 \cdot e^{ - \frac{R+R_Ü}{L} \cdot t}\right)=0$$ ab.

Mit Kenntnis von \(I(t)\) erhält man aus \(U_i=-L\cdot \dot{I}\) den zeitlichen Verlauf der an der Spule induzierten Spannung:

$${U_i}(t) = (R+R_Ü) \cdot I_0 \cdot e^{ - \frac{R+R_Ü}{L} \cdot t}$$

Beim Ausschalten können Spitzen der Induktionsspannung \(U_i\) $$U_i(0)=(R+R_Ü) \cdot I_0 \cdot e^{ - \frac{R+R_Ü}{L} \cdot 0}=(R+R_Ü) \cdot I_0$$ auftreten, die weit über \(U_0\) liegen. Falls \(I_0= \frac{U_0}{R}\), gilt: $$U_i(0)= U_0+ \frac{R_Ü}{R}\cdot U_0 \ge U_0$$ Doch auch das Aufbäumen von \(U_i\) nimmt ein Ende: $$\lim\limits_{t\to\infty}\left[ (R+R_Ü) \cdot I_0 \cdot e^{ - \frac{R+R_Ü}{L} \cdot t}\right]=0$$

Beim Einschaltvorgang ändert sich der magnetische Fluss \(\Phi\) von 0 bis zum Maximalwert \(\Phi_{\text{max}}\). Beim Ausschaltvorgang nimmt \(\Phi\) von \(\Phi_{\text{max}}\) bis auf 0 ab.

Nach dem Induktionsgesetz in integraler Form

$$\int\limits_{t_1}^{t_2}U_i(t)\ \mathrm{d}t=-N\left[\Phi(t_2)-\Phi(t_1)\right]$$

sind damit die Integralwerte für den Ein- und Ausschaltvorgang bis auf das Vorzeichen gleich:

$$\int\limits_{t_{\text{Ein}}}^{t_{\text{Aus}}}U_i(t)\ \mathrm{d}t=-\int\limits_{t_{\text{Aus}}}^{\infty}U_i(t)\ \mathrm{d}t$$

Im obigen Diagramm werden diese Integralwerte durch schattierte Flächen veranschaulicht.

Alles klar? Hake alle wahren Aussagen ab!
Auswertung:

erstellt von C. Wolfseher